Spirituality

Willkommen im Dezember – Lass dich frei

In dieser monatlichen Reihe möchte ich dich einladen, dich ganz bewusst auf den kommenden Monat und seine Themen einzustimmen.

Huch? Schon Dezember? Vielleicht ging es dir auch wie mir: Der November ist quasi vorbeigerast.

Freiwillig und manchmal auch unfreiwillig bis widerwillig habe ich mich von Vielem lösen dürfen, was ich so geplant oder mir vorgenommen hatte. Obwohl ich ja wirklich „loslassen“ wollte, hatte mir das Leben erstmal noch ein paar Takte zum Loslassen an sich zu sagen.

Daher möchte ich heute mit dir die wichtigste Lektion teilen, die ich aus dem vergangenen November mitgenommen habe: Lass dich frei.

Was bringt der Dezember mit?

Schnee und Eis, würde man meinen. Aber im Jahr 2019 spüren wir deutlich, dass die Welt anders ist als in den Kinderbüchern.

Während ich diesen Text schreibe, sitze ich gemütlich in einem jahrhundertealten Bauernhaus im Bayerischen Wald, bei Kaminfeuer und gewürztem Wein. Alles wunderbar idyllisch und mit aller Nostalgie, die man sich vorstellen kann. Nur Schnee gibt es in diesem Jahr vorerst keinen. Und es wird sogar in einer so schneesicheren Region von Jahr zu Jahr weniger.

Aber geht es um den Schnee? Beziehungsweise, geht es wirklich um das Kinderbuchidyll und das Weihnachtsmärchen?

“…”

― Stille

Falls du jetzt schmunzelst oder den Kopf schüttelst: Genau. Denn die Welt hat keine Verpflichtung, so zu sein, wie wir das von ihr erwarten. Weil „Dezember“ heutzutage zumindest in der westlichen Welt synonym mit „Weihnachten“ ist, habe ich oben im Zitat die Stille sprechen lassen.

Aber was bleibt übrig, wenn man den lauten Weihnachtstrubel aus der Gleichung streicht?

Hier in meiner Unterkunft konnte ich in einem alten Buch über das Leben der Waldbauern stöbern und ein wenig darüber erfahren, wie völlig anders hier früher – vor 100 Jahren – der Dezember erlebt wurde. Ohne Ölheizung, Mobilfunk und WLAN, war man oft auf einsamen Einöd-Höfen eingeschneit. Der letzte Monat des Kalenderjahrs zwang die Menschen in die Stille.

Weil der Advent früher als Fastenzeit begangen wurde um die Vorräte zu schonen, verzichtete man häufig auf kraftraubende Arbeit, und widmete sich Tätigkeiten, die im Haus verrichtet werden konnten. Die Waldbauern reparierten Werkzeuge und Gerätschaften. Bis Weihnachten versponnen die Frauen den Flachs und die Wolle. Oft war das Herdfeuer in der Küche die einzige Wärmequelle und Nachrichten aus dem nächstgelegenen Ort blieben wochenlang aus. Als Zeit der Einsamkeit, Dunkelheit und häufig auch des Überlebens, war der Dezember kein Monat von Überschwang, Lichterglanz, Konsum und Geschenken.

Worum geht es im Dezember wirklich?

Sobald die Natur von der liebenden, lebensspendenden Mutter zur kalten, gnadenlosen Gegnerin wurde, war es umso wichtiger, untereinander Vertrauen, Wohlwollen und einen starken Zusammenhalt zu haben. Dazu gehört es unbedingt, sich von Erwartungen frei zu machen – an sich selbst und seine Mitmenschen. Und wertzuschätzen, was man tatsächlich zur Verfügung hat.

Unterm Strich genau der Inhalt der Weihnachtspredigten, oder? Trotzdem ist der „Weihnachtsmonat“ oft von vorn bis hinten vollgestopft mit Terminen anstatt Ruhe.

Einerseits denke ich an das Märchen vom Mädchen mit den Schwefelhölzern, das sich lieber ein wunderschönes, warmes Lichterfest herbeiträumt, als sich mit der Kälte seiner Realität zu konfrontieren. Zum Anderen schaue ich aus dem Fenster meiner Unterkunft in die schwarze, eiskalte Nacht und frage mich, wie man als Mensch aus dem 21. Jahrhundert mit so einer völligen Lebensfeindlichkeit umgehen kann.

Wie holt man die Stille ins Leben zurück?

Anders als gedacht, ging das für mich schon im November damit los, Termine abzusagen. Beziehungsweise, meine Zeitplanung genau zu bewerten. Immerhin ist mein Kalender meistens recht vollgestopft. Daher ist die Lektion „Lass dich frei“ eine bittere Pille für mich. Aber ohne Zeit – und damit auch Raum – ist es kaum möglich, in die Tiefe zu gehen und Bilanz zu ziehen.

Genau das spüre ich spätenstens in dem Moment, in dem mich jemand fragt: „Was wünscht du dir denn zu Weihnachten?“ – Und dann höre ich sie wieder, die Stille.
„Weiß nicht. Nichts“, piepse ich dann zurück. Dabei weiß ich es eigentlich genau: Zeit. Für mich. Einfach mal… Zeit. Auch Zeit, um überhaupt erstmal zu ergründen, was ich möchte.

Deswegen bin ich in diesem Jahr tatsächlich mal geflohen. In die sprichwörtliche Waldeinsamkeit. Und in den alten Büchern lerne ich tatsächlich, wie das geht mit der Stille – und mit der Geduld:

Alles zu seiner Zeit.

Warum denn Weihnachten feiern, bevor überhaupt Weihnachten ist? Davor – und danach! – gibt es einen ganzen Dezember zu entdecken.

Was unterstützt uns in diesem Monat?

Der Dezember steht unter dem Einfluss der Elemente Feuer und Erde. Einerseits können wir den feurigen Schütze-Einfluss in der kindlichen Vorfreude aufs Lichterfest spüren. Auf der anderen Seite hilft uns der verantwortungsbewusste und maßvolle Steinbock, unsere Ressourcen klug zu nutzen, um über den Winter zu kommen.

In der dunkelsten Phase des Jahres liegt die Rune Dagaz (Tag) mit dem Gesicht nach unten überschattend über Ehwaz (Pferd/Freund). Weil beide im Spannungsfeld zwischen Isa (Eis), Hagalaz (Hagel) und Eihwaz (Eibe/Tod) liegen, tritt ihre Große Medizin klar zu Tage.
Denn nichts anderes als tiefe Freundschaft trägt uns sicher wie ein treues Pferd durch den finstersten Winter und die widrigsten Umstände.

Was hält der Dezember noch bereit?

Nachdem vielleicht auch bei dir so einiges los ist im Dezember, hier der Überblick: Der letzte Vollmond des Kalenderjahres am 12.12. steht ja schon kurz bevor. Nutze ihn vielleicht für eine Meditation oder um dir etwas Gutes zu tun, das du schon länger aufschiebst.

Zur Wintersonnenwende am 22.12. treten wir außerdem in die zwölftägige Phase der Rauhnächte ein, die du als besondere Zeit der Rückschau, des Loslassens und des Neubeginns für dich nutzen kannst. Das möchte ich in diesem Monat auch ausprobieren – und ich lasse dich gern an meinen Erfahrungen teilhaben.

Die längste Nacht des Jahres markiert außerdem den Beginn des Jul-Festes. Stöbere gern in Barbaras Beitrag dazu, um dir Anregungen zu holen.

Und da am 26.12. der kalendarisch letzte Neumond am Himmel steht, wäre doch ein guter Zeitpunkt, um über dein Jahr 2019 nachzudenken.

Welche Erinnerung nimmst du für dich mit einem Lächeln mit ins neue Kalenderjahr?

Hab einen stillen Dezember! Alles Liebe wünsche ich dir.

Bildquelle: Pixabay
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