Spirituality

Rauhnächte – Zwölf Nächte für ein Jahr

Hat dir Oma auch schon mal vom Ritual der zwölf Rauhnächte erzählt? Am Ende des Kalenderjahres gibt es eine Zeit, die der Volksmund „zwischen den Jahren“ nennt. Weil der Sage nach die Haut unserer Alltagswelt etwas dünner ist als sonst, gehen mit der Wilden Jagd allerhand Geister um, aber auch die Wintergöttin Percht oder Frau Holle. Deswegen kannst du auch mit einem besonderen, zwölfnächtigen Ritual erfahren, was das Schicksal im kommenden Jahr für dich bereit hält. Also komm mit uns in die Stille – und stimme dich auf neues Wachstum ein.

Was sind die Rauhnächte?

Schon die frühen europäischen Kulturen wussten, dass zwischen dem Sonnenjahr und dem kürzeren Mondjahr ein paar Tage Unterschied bleiben. Zum Ausgleich wurde die Zeit zwischen beiden Kalendern besonders achtsam begangen und galt als heilig. Auch viele der Bräuche, die wir im Lauf der Rauhnächte an vielen Orten begehen, sind diesen Zeiten entlehnt. Dazu zählt das Räuchern von Haus oder Wohnung. Aber auch Speiseopfer, Orakelspiele oder Umzüge mit dämonischen Fratzen wie im Voralpenland die Perchtenläufe.

Wann beginnen die Rauhnächte?

Obgleich alle überlieferten Bräuche und der genaue Beginn der Rauhnächte christlich eingefärbt worden sind, hast du die Wahl. Entscheide nach deinen persönlichen Bedürfnissen, ob du lieber…

  • … zur Wintersonnenwende am 21. Dezember starten und am 02. Januar enden möchtest.
  • Oder ob du mit dem Weihnachtsfest am 25. Dezember beginnst und am 06. Januar abschließt.

Außerdem soll in der stürmischen Zeit nach der Wintersonnenwende nachts auch die Wilde Jagd umgehen. Um nicht von dem durch die Lüfte fahrenden Totenheer fortgezogen zu werden, bleiben wir lieber zu Hause. 😉 Obwohl in den Tagen zwischen der Wintersonnenwende Jul und Hochneujahr oder Dreikönig dem Brauchtum nach ein Arbeitsverbot gilt, gibt es jede Menge zu tun. Denn diese Tage nutzen wir, um Altes zu ordnen, loszulassen und schließlich neu zu starten.

Welche Regeln gelten in den Rauhnächten?

Zuvor hast du ja schon vom Arbeitsverbot gehört. Nun hat nicht jeder von uns in dieser Zeit die Möglichkeit zum Nichtstun. Trotzdem kannst du zum Beispiel darauf achten, deine Zeit nicht dem zwanghaften Erfüllen einer ToDo-Liste zu widmen. Aufräumen, Angefangenes abschließen, etwas langsamer oder stiller werden geht auch im Arbeitsalltag. Die freigewordene Zeit nutzt du zur Reflexion, Ausrichtung und Planung. Oder genauso wichtig: um dich zu bedanken.

Übrigens, das Arbeitsverbot kennst du sicher von dem etwas abergläubischen Verbot, an Silvester keine Wäsche aufzuhängen. Obwohl das streng traditionell für alle Rauhnächte gilt, hat sich der Brauch besonders an Silvester gehalten.

Weiter kannst du auch abends bewusst auf Medienkonsum oder dein Handy verzichten und vielleicht eine Stunde früher zu Bett gehen. Damit schaffst du auch für einen Kernbestandteil der Rauhnächte beste Voraussetzungen. Denn in diesen Nächten begegnen dir wichtige Hinweise für das nächste Jahr. Deswegen ist ein Rauhnachts-Tagebuch zwar kein Muss, aber ein hilfreicher Begleiter.

Außerdem nimmt das Haus oder deine Wohnung eine zentrale Stellung in diesen Tagen ein. Du reinigst dein Haus auf der weltlichen Ebene: Dann räucherst du alle Räume, um ungünstige Energien zu vertreiben. Dabei steht dein Haus aber auch für deinen Geist. Schließ daher in einem Ritual wie dem „Wenden des Blattes“ mit dem vergangenen Jahr ab.

Abschließen – Loslassen – Befreit starten

Dieser Dreiklang hat mich besonders durch meine letzte Rauhnachtszeit begleitet. Wenn du beim Jahresrückblick auf etwas stößt, das du vergeben möchtest, hier meine liebsten Vergebungs-Werkzeuge zum Loslassen:

Überleg dir ein Wort, das beschreibt, was du vergeben möchtest. Schreib es mit einer Wunderkerze oder einem Räucherstäbchen in die Luft. Oder zünde ein Zettelchen mit dem Wort in einem feuerfesten Gefäß an.

Wirf Steinchen in einen Fluss oder einen See. Dabei suchst du dir eines für jede Sache die du loslassen möchtest. Aber auch wenn es schnell gehen muss: Ein starker, reinigender Tee aus Brennnesseln oder Ingwer hilft dir beim Loslassen. Gieß dabei den letzten Schluck bewusst weg.

„Schrei es in die Winde“, geht ein alter Spruch. Allerdings musst du nicht schreien – tief und vollständig den Atem ausstoßen tut es auch. Zusätzlich gibt es im Internet tolle geleitete Atem-Mediationen, die dir beim Vergeben helfen. Manche praktisch veranlagte Haushalts-Hexe soll auch schon den Staubsauger für die Vergebungsarbeit genutzt haben. 😉

Besonders gut kannst du vergeben, in dem du etwas vergräbst – vielleicht möchtest du ja Blumensamen verwenden? Wenn du keinen Garten hast, dann kannst du auch für jede Sache die du vergeben willst, eine Linie auf dem Boden überschreiten.

Danach starten wir befreit und gelöst ins Neue Jahr. Übrigens gibts keinen festen Zeitplan, nach dem du dich richten musst. Bleib entspannt und achte auf deine persönlichen Bedürfnisse. Wenn du erst am Dreikönigstag alles gelöst hast, was du aus dem alten Jahr mitgebracht hast, dann ist das eben so.

Jetzt ist es außerdem an der Zeit, eine Vision zu formulieren, wenn du das möchtest. Diese dient dir als Ziel, auf das du im kommenden Jahr deine Energie richtest. Beispielsweise mit einem Vision-Board, Visualisierungs-Meditationen oder auch ersten konkreten Schritten.

Was begleitet dich in dieser Zeit?

Zum einen natürlich die Stille. Andererseits aber auch deine Träume, Gedanken, Ideen und Wünsche. Deswegen halte alles fest, was dir wichtig erscheint. Als Sprachnachricht an dich selbst, mit Fotos, als Notiz, in deinem Tagebuch… egal was. Damit du direkt nach dem Aufwachen deinen Traum festhalten kannst, halte es griffbereit. Diese Zeichen können dir im Lauf des Jahres wieder begegnen oder zumindest als Omen auf etwas hindeuten, das du vielleicht schon in Bewegung gesetzt hast.

Aber keine Bange! Das sind Botschaften des Unterbewusstseins und damit Hinweise auf deine Bedürfnisse und Ängste. Jetzt ist eine heilige Zeit, um diese ernst zu nehmen. Beispielsweise kannst du von einer Wüste träumen, tagsüber fällt dir vielleicht immer wieder Durst auf. Und später im Jahr entdeckst du beim Rückblick, dass du in diesem Monat vielleicht auf etwas verzichten musstest.

Außerdem darfst du in dieser Zeit auch Teile dieses Tagebuchs bewusst schwärzen, also auslöschen, um „Unheil abzuwenden“, wie es aus dem Brauchtum überliefert ist.

Weiterhin gehören auch Orakelspiele fest zu den Rauhnachtsbräuchen. Und ja, das Bleigießen an Silvester ist einer davon. Also an die Karten, Tarot-Fans!

Ein weiterer, sehr traditioneller Begleiter ist Räuchern. Obwohl im Volksbrauch mit Weihrauch geräuchert wird, musst du nicht dein Konto plündern. Denn im vergangenen Jahr habe ich ganz einfach getrockneten Salbei und Thymian von meinem Balkon verräuchert.

Welche Kräuter kannst du zum Räuchern verwenden?

  • Rosenblätter, Johanniskraut, Angelikawurzel für Liebe, Glück, Leichtigkeit
  • Weihrauch für Segen, ähnlich wirken Baumharze, besonders Fichte
  • Holunderblüten und -mark für Spiritualität
  • Brennessel für Kraft und Stärke
  • Salbei und Thymian für Klärung
  • Wacholder für die Ahnen und das Loslassen

Dabei gehst du mit deinem Räucherwerk durch jedes Zimmer, auch Keller, Garage oder im Brauchtum die Stallungen. Traditionell wird die ganze Familie einbezogen. Du kannst das täglich machen, aber es gibt auch ganz bestimmte Termine, zu denen geräuchert wird.

Wofür steht welche Rauhnacht?

Nun, jede Nacht steht im Grunde für einen Monat. Besonders das christianisierte Modell mit Januar als erstem Monat ist fest im Brauchtum verankert ist. Daher findest du es oft in der Literatur. Danach richte ich mich auch. Allerdings bist du frei, mit dem Wicca-Jahreskreis zu gehen und somit dein Neujahr mit dem November als ersten Monat starten. Eine Rauhnacht beginnt immer am Abend des Vortags, also vom 24. auf den 25. Dezember.

Hier mein persönlicher Rauhnachtskalender für dich. Die traditionellen Bedeutungen der Tage geben dir einen Hinweis auf die Themen.

25.12.

Januar

Nacht der Mutter

26.12.

Februar

Nacht der Sonne, des Pferds

27.12.

März

Nacht der Reise, des Weines

28.12.

April

Nacht der Unschuld, der Kinder

Wendetag

29.12.

Mai

Nacht des Winds

30.12.

Juni

Nacht der Tränen, des Wassers

31.12.

Juli

Nacht des Feuers, der sprechenden Tiere

Räuchertag

01.01.

August

Nacht des Schicksals, des Glücks

02.01.

September

Nacht der Ernte

03.01.

Oktober

Nacht des Erntedanks

04.01.

November

Nacht der Schafschur

05.01.

Dezember

Nacht der Percht, des Räucherns

Räuchertag, Wendetag

Übrigens kannst du besonders die Wendetage zum Abwenden von Unheil oder zum Loslassen schlechter Angewohnheiten nutzen. Denn an diesen Tagen wird „das Schicksal gewendet“.

Wann ist das Ende der Rauhnächte?

Abschließend kannst am Dreikönigstag dein Ritual beenden und zur Rückschau auf deine Rauhnachts-Erlebnisse nutzen. Außerdem soll dieser Tag symbolisch für das ganze Jahr gelten.

Hierzu möchte ich dir besonders ans Herz legen, zu deinen Rauhnächten zurückzukehren. Und zwar besonders im laufenden Jahr. Schau dir deine Notizen an und lass den entsprechenden Monat Revue passieren. Dort findest du vielleicht das ein oder andere erstaunliche Erlebnis wieder.

Auch wenn sich alles vielleicht kompliziert anhört: Relax! Eigentlich brauchst du nur Ruhe, ein Tagebuch und den Willen, dein letztes Jahr zu verabschieden. Obendrein kannst du auch völlig ohne Plan einfach deiner Inneren Stimme folgen. Allein das Bewusstsein, dass dies die Rauhnächte sind, schafft schon eine eigene Magie.

Damit wünsche ich dir einen heilsamen Abschluss des alten Jahres – und ein magisches neues Jahr. 💜

Wie war dein Rauhnachtsritual? Lass es uns in den Kommentaren wissen.

Bildquelle: Daniel Mirlea
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