Divination

Die Großen Arkana

Am Anfang sind der Aufbau und ganz besonders die Großen Arkana des Tarot für viele ein Buch mit sieben Siegeln. So ist sie in der modernen Fassung auch gemeint. Deswegen entsteht häufig bei Einsteigern der Eindruck, dass eine gewisse Einweihung nötig ist, und man das alles irgendwie auswendig können muss. Als ich mit Tarot begonnen habe, hat mich das auch überfordert. In Film und Fernsehen werden in der Regel nur die Klischees wiedergegeben, und das Tarot-Deck gerne mal nur auf diese geheimnisvollen Karten zusammengestrichen.

Darum möchte ich dich einladen, bevor es losgeht: Schließ deine Augen für einen kurzen Moment, atme ganz tief durch, so richtig tief in deinen Bauch hinein – und dann streck dich einmal, lächle und… lass los.

Ganz genau: Lass erstmal los. Schüttel dich, atme aus – mach dich locker. Wir fangen das langsam und schrittweise an.

Worum geht es überhaupt?

Im vorigen Beitrag der Reihe hast du ja schon gelernt, dass sich das ganze Deck mit insgesamt 78 Karten aus Großen und Kleinen Arkana zusammensetzt. Wir schauen uns erstmal nur die Großen Arkana an.

Die Bezeichnung Arcana kommt vom lateinischen „arcanum“ und bedeutet Geheimnis – gemeint sind also die 22 großen Geheimnisse des Tarot.

Diese 22 Karten sind die mit römischen Zahlen fortlaufend nummerierten „Trümpfe“ eines Tarot-Decks. Sie zeigen bebilderte Szenen, die symbolisch für Lebensstationen, Leitbilder oder idealisierte Urvorstellungen (Archetypen) stehen. Auf der Karte ist üblicherweise der Name des Trumpfs aufgedruckt.

Warum diese Struktur? – Schau dir dazu die Herkunft an.

Das Tarot und besonders die Reihenfolge der Trumpfkarten entstammt dem Kartenspiel „Tarock“, das im Italien der Renaissance entstand und sich über die Jahrhunderte in ganz Europa verbreitete.

Seit seiner Blütezeit Ende des 18. Jahrhunderts werden die Tarock-Karten auch zum Wahrsagen verwendet. Die Geschichte des Tarot vertiefen wir ein andermal – im Moment reicht es, wenn du weißt, dass diese Karten auf Stichspielkarten basieren. Die Trümpfe folgen damit einer Stichhierarchie – das heißt, einer baut auf dem anderen auf.

Weil damals nicht jeder Spieler Zahlen lesen konnte, wurden die Trümpfe bebildert. Somit konnten sie im Spiel leichter auseinander gehalten werden. Die einprägsamen Szenen machten den Spielern deutlich, dass ein Kaiser höher steht als eine Kaiserin, sich aber selbst vor dem Papst beugen muss.

Was mache ich nun mit den Großen Arkana?

Weil die Karten eine bestimmte Folge haben, lassen sich damit Entwicklungen gut darstellen. Zum Beispiel wird mit ihnen häufig der Stand der persönlichen oder spirituellen Weiterentwicklung ermittelt.

Meistens liegt deinem Tarot-Deck eine Anleitung oder ein Handbuch mit Erklärungen bei. Dort kannst du oft bereits den ersten Hinweis finden, wofür die Großen Arkana in deinem Deck stehen. Weil die Einteilung der modernen Tarotdecks sich sehr ähnelt, läuft es bei den meisten Decks darauf hinaus, dass die Großen Arkana mit einer Seelen- oder Heldenreise, mit Persönlichkeitsentwicklung oder -wachstum oder eben Lebensthemen verknüpft sind. Daher stößt du unter Umständen auf Schlagworte wie „Meilensteine“, „Schicksalswendungen“, „spirituelle Einflüsse“, „Landkarte des Lebensbaums“, „Bewusstseinsstufen“ oder ähnliches.

Schau dir am besten an, ob du so einen Hinweis zu deinem Deck finden kannst, bevor du mit dem Kartenlegen beginnst. Somit hast du schon einmal ein Gefühl, wobei dir dieses Deck helfen kann.

Welche Karten gehören zur Großen Arkana?

Viele zeitgenössische Decks orientieren sich am ikonischen Rider-Waite-Smith-Tarot. Nachfolgend findest du einen kurzen Überblick der Karten in Reihenfolge:

0 – Der Narr
I – Der Magier
II – Die Hohepriesterin
III – Die Kaiserin
IV – Der Kaiser
V – Der Hierophant
VI – Die Liebenden

VII – Der Wagen
VIII – Gerechtigkeit
IX – Der Eremit
X – Das Schicksalsrad
XI – Kraft
XII – Der Gehängte
XIII – Der Tod
XIV – Ausgleichung

XV – Der Teufel
XVI – Der Turm
XVII – Der Stern
XVIII – Der Mond
XIX – Die Sonne
XX – Das Gericht
XXI – Die Welt

Allerdings kann es sein, dass die Großen Arkana deines Tarot-Decks anders geordnet sind. Vielleicht haben die Karten andere Namen oder sind an anderer Stelle zu finden. Deshalb möchte ich dich ermuntern, die Karten einmal nebeneinander auszulegen. Dann schau dir zuerst in Ruhe an, wo es Unterschiede gibt. Somit kannst du auch besser bestimmen, ob dein Deck zum Beispiel einer bestimmten Vorlage folgt.

Sechs Tarotkarten aus zwei Decks, zwei Reihen je drei Karten, oben die Trümpfe XI - Gerechtigkeit, XIV - Mäßigung, VIII - Stärke, unten die Trümpfe XI - Lust, XIV - Kunst, VIII - Ausgleichung.
Die unterschiedliche Anordnung der Karten Stärke/Lust und Gerechtigkeit/Ausgleichung in zwei Decks.

Weil es das Tarot nicht gibt, wirst du in den vielen unterschiedlichen Betrachtungsweisen immer wieder Anreize finden, einen neuen Blickwinkel auszuprobieren.

Hierzu möchte ich dir folgende goldene Regel ans Herz legen:

Alles ist erlaubt.

Am besten wählst du den Weg, der dir sonst auch beim Lernen hilft. Ob du dich lieber ins Learing-by-Doing stürzt, einen Song darüber schreibst, die Karte vielleicht schamanisch pirschen möchtest oder es dir hilft, alles im Detail zu recherchieren – völlig egal.

Wichtig ist: Du musst nichts auswendig wissen! Durch die Beschäftigung mit den Karten kommt das Wissen von allein. Kurzum, nimm dir den Druck raus und habe Spaß.

Unten habe ich dir noch einige weitere Möglichkeiten gelistet, wie du dir selbst eine Orientierung verschaffen kannst.

Neben der „traditionellen“ Bedeutung aus dem Handbuch gibt es zu jedem Deck auch noch andere Deutungen. Beispielsweise wäre das die Sichtweise des Autors deines Decks, oder die des Künstlers, der die Karten illustriert hat. Nicht zuletzt gibt es auch deine eigene, ganz persönliche Verbindung mit den Karten.

Je nach Deck, Situation, Frage, und Position der Karte ergeben sich andere Deutungsmöglichkeiten. Deshalb wird sich deine Deutung automatisch mit jeder Legung etwas verändern. Daneben lassen dich auch deine Stimmung oder Tagesform, deine Erfahrungen und deine Erwartungen die Karten anders wahrnehmen. Gerade das macht besonders die Großen Arkana zu einem mächtigen Tool in punkto Selbstreflektion.

Wenn du in etwa den Tod ziehst, muss das nicht heißen, dass du stirbst oder die Welt untergeht. Zeigt das Motiv der Karte zum Beispiel einen Phönix, kann es sein, dass du damit sofort „Erneuerung“ assoziierst. Im Kontext einer berufsbezogenen Frage kann damit vielleicht ein Jobwechsel angedeutet sein, oder das Ende eines Projektes.

Genauso kann dich die Darstellung der Kaiserin auch an eine Freundin oder eine liebe Kollegin erinnern – oder einfach ein Hinweis, dich mal wieder um deinen Garten zu kümmern.

Sechs Tarot-Karten, davon drei mit Darstellung des Trumpf XIII - Tod mit unterschiedlichen Motiven (Sensenmann, Phönix, Vogelgerippe). Die drei weiteren zeigen den Trumpf X - Rad des Schicksals (achtspeichiges Rad im Zentrum der Karte), wobei sich die Motive sehr ähneln.
Unterschiedliche Darstellungen der Trümpfe in verschiedenen Decks.

So kannst du das konrekt nutzen:

Die persönliche Interpretation der Karte ist für mich beim Kartenlegen das allerwichtigste Werkzeug. Denn die Bilder der Großen Arkana erlauben dir, auch ohne Hintergrundwissen, ganz intuitiv zu interpretieren.

Du kannst zum Beispiel täglich eine Karte aus deinem Deck ziehen und dir vielleicht deine Assoziationen notieren:

  • was ist auf der Karte zu sehen?
  • was spricht dich besonders an?
  • welche Gedanken tauchen auf?
  • wie könnte die Szene auf der Karte weitergehen, was könnte vorher passiert sein?
  • welche Gefühle löst die Karte in dir aus?
  • gibt es bestimmte Richtungen, Farben, Positionen die hervorspringen oder sich wiederholen?

Falls du einmal jemand anderem die Karten legst, lade auch gerne zu diesem Assoziationsspiel ein. Bei den „großen“ Themen der Großen Arkana hat das Unterbewusstsein häufig viel zu mitzureden. Umso mehr du deine Innere Welt in die Lesung mit einbeziehst, desto mehr wirst du daraus für dich mitnehmen können.

Achte aber bitte auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Tarot und überfordere dich nicht.

Während die Großen Arkana lang andauernde Entwicklungen oder Lebensthemen behandeln, geben dir die Kleinen Arkana einen Einblick in dein Alltagsgeschehen und bestimmte Lebensbereiche.

Außerdem liegt den kleinen Arkana eine andere Struktur zugrunde. Dem gehen wir aber im nächsten Post dieser Reihe genauer auf den Grund.

Allgemein kann ich dir sehr ans Herz legen, einfach mal auf die Suche zu gehen:

Online

  • Über den Wikipedia-Artikel zum Tarot erhältst du für den Anfang einen guten Überblick.
  • Im Internet gibt es zudem zahllose „Cheatsheets“ zur Großen Arkana, die eine Kurzzusammenfassung der Bedeutungen enthalten.
  • Mittlerweile gibt es auch kostenlose Apps fürs Handy, die dich mit kleinen Quizzes ermuntern, die Kartenbedeutungen spielerisch zu erfahren.
  • Auf Instagram findest du zahllose Kartenleger, die sich bei Ihren Interpretationen über die Schulter schauen lassen und die eine Karte vielleicht ganz anders auffassen. Hier kannst du auch direkt Fragen stellen und in Kontakt treten.
  • Über die Online-Pinnwand Pinterest hast du Zugriff auf ganze Sammlungen an Informationen und Inspirationen zu den Großen Arkana. Du kannst dir auch selbst Boards zu den Karten anlegen, um zum Beispiel künstlerische Interpretationen ein und der selben Karte zu vergleichen.

Offline

  • Die Literatur hält eine riesige Menge Ratgeber bereit, auch speziell für Einsteiger und zu bestimmten Tarot-Decks.
  • Allein durch die Beschäftigung mit unterschiedlichen Decks und Auslegungen kannst du immens viel lernen und dein Wissen vertiefen.
  • Zu guter Letzt der fast wichtigste Tipp: Trag dein Wissen zusammen. So ist zum Beispiel dieser Blog hier aus den persönlichen Notizen von zwei lernenden Hexen entstanden.

Im nächsten Beitrag meiner Tarot-Reihe wirst du die Farbkarten oder Kleinen Arkana kennenlernen. Bis dahin kannst du dich ja schon etwas mit den Großen Arkana vertraut machen. Außerdem werde ich im Lauf der Reihe noch genauer darauf eingehen, was die Karten bedeuten und wie du einfach an die Deutung herangehen kannst.

Vielleicht hast du jetzt auch direkt einige weitere Fragen zu den Großen Arkana oder zum Tarot an sich? Falls du schon ein ‚alter Hase‘ bist, möchtest du vielleicht deine Erfahrungen teilen: Was war deine wichtigste Lektion im Lernprozess?

Dann lass uns gern deine Gedanken da. Wir freuen uns sehr auf den Austausch mit dir!

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2 Replies to “Die Großen Arkana”

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